Der Journalist

 

2002 absolvierte ich in Wuppertal ein Volontariat bei der „Cronenberger-Woche“ zum Redakteur.

Seit 12/2002 bin ich freier Journalist...

Während der Ausbildungszeit habe ich schon kennen gelernt, wie spannend es ist, mich mit vielen verschiedenen Themen zu beschäftigen.

Meine Schwerpunkte sind: Musik, Kultur, Kinder, Kirche, Porträts und auch Gerichtsreportagen, also fast alles, außer Sport. Bei der vielen Schreib- und Recherchearbeit gehört es für mich ganz selbstverständlich dazu, auch immer die Fotokamera dabei zu haben.

Investigativer Journalismus ist mein Ziel...

Hier einer meiner vielen Artikel aus dem Jahr 2009, der in mehreren Wochenzeitungen veröffentlicht wurde...

 

 

 

 

Angelockt und abgezockt

 

Wie man alten Menschen bei Tagesfahrten

das Geld aus der Tasche zieht

Immer wieder wird in TV- und anderen Medien über unseriöse Bustouren berichtet, bei denen Mitreisende zu überteuerten Produkten genötigt werden. Veranstalter versuchen grundsätzlich solche Ausflüge mit Bargeld und tollen Gewinnen schmackhaft zu machen. Am Ende kommt fast jeder Mitreisende gefrustet nach Hause und schwört sich: „Nie wieder!“ Haben denn knallharte, öffentlich Warnungen gar eine Wirkung? Reiten- und Reisen Veranstalter von Bustouren immer noch auf der gleichen Masche? Wir wollten einmal wissen, ob sich etwas geändert hat und schickten einen Mitarbeiter unserer Zeitung inkognito auf „Erlebnistour“. Dieses Mal ging es bei einer Tagesfahrt nach Koblenz. Dazu eine Schifffahrt ans Deutsche Eck. Veranstalter war der größte Reiseclub Europas. Er lobte zusätzlich einen Bargeld-Gewinn von 3.000 Euro aus, der auf dem ersten Blick wirkte, als hätte man das Geld bereits in der Tasche.

Schon das Anschreiben war markig. Man sprach von den vielen „schwarzen Schafen“ der Branche, die seriöse Firmen in den Schmutz ziehen und vom Paragraphen 661a des BGB, wonach Gewinne auch tatsächlich ausgezahlt werden müssen. „Unser Motto lautet: Vertrauen und Ehrlichkeit setzten sich durch“, hieß es da. Doch wer genauer hinsah und eine Lupe zur Hand nahm, erkannte sofort: Der Bargeldgewinn war ein „Rubbel-Los“ und daher eher Glücksache. Auch das zusätzliche Geschenk, ein Dreigang Markenfahrrad für die Dame oder den Herrn, sowie der Camcorder für Paare entpuppten sich als Lockmittel. Da stand schwarz auf dunkelblau in winzigen Buchstaben: „Kundenvorteil“. Aha, Zugaben nur als Kunde, wenn man eine Reise bucht? Und dann die sieben Pfund edelste Lebensmittel und das Geschenkpaket für jeden Teilnehmer, alles gratis?

Jedenfalls begann die Tour ins Ungewisse, aber mit Vorahnungen, am 28. Juli morgens ab Uhr 7 Uhr. Um 10 Uhr war die Mosel erreicht, aber auch der Saal, gemütlich wie ein unaufgeräumter Speicher. Es wartete das Frühstück, Kaffee und ein Brötchen für jeden der rund 110, überwiegend älteren Teilnehmer, zusammengekarrt nicht nur aus Wuppertal. Dann folgen Plüschtiere durch den Saal. Kostenloses „Anfüttern“, um Aufmerksamkeit zu bekommen.

Eine jüngere Dame begann dann für vier Tage-Reisen zu Orten in Deutschland für 348 Euro und Europa zu 448 Euro zu werben, welche sie sofort auf 148, bzw. 78 Euro reduzierte. Die acht Tage Reise in die Türkei wurde von 499 auf 299 Euro reduziert. Dazu gab es einen Reisekoffer oder eine Digitalkamera kostenlos. Die zweite Reise gab er es dann sogar schon für 48 Euro fast geschenkt. Hinzu kamen aber Gebühren von 15 Euro. Einzelzimmerzuschlag, Reiseleitung, Sigthseeing? Das blieb im Dunkeln. Der neue Trick: Immer wieder die Frage: „Wer interessiert sich dafür?“ Dann wurden unverbindliche Optionsscheine verteilt, die Namen gezogen und aufgerufen. „Gratulation!“ hieß es dann und schon waren die Opfer in den Fängen der fünf Assistenten, um Verträge zu schließen. Man setzte die Teilnehmer nun ganz verbindlich unter Zugzwang. So verkauften sich die ersten 50 Reisen fast wie von selber. „Alles Mumpitz, hätte ich doch nur meine Kopfschmerztabletten mitgenommen“, sagte eine ältere Dame. Das Spiel ging bis 12.30 Uhr.

Dann folgte „Rudis Resterampe“. Waren vom RTL-Shop und QVC, alles musste raus. Irgendwann kam das Mittagessen und dann der zweite große Redner. Ab 13.50 Uhr wechselte Reiselust in Gesundheitsphrasen. Es kam ein älterer Mann, der sonst nur in Kurorten wirbt und zwar für Massagesessel, weil Durchblutungsstörungen für alle Krankheiten im Alter verantwortlich sind, denn: „Jetzt (als Rentner) müssen die schönen Jahre kommen!“ so der Herr mit Fliege. Der Sessel angeblich im Möbelgeschäft für rund 4.000 Euro zu bekommen, hier statt für 1.898 nur 1.398 und in der kleinen Ausführung für 998 Euro. Wieder Optionsscheine, wieder Zugzwang. Und die Rentner kauften. Als dann um 15.45 Uhr der dritte Sponsor vom „Institut Europa zur Förderung der Vitalität und Gesundheit“ (gibt es das wirklich?) die Bühne betrat, machte sich Wut breit. Die Menschen stöhnten und die ersten verließen den Saal. Viele wünschten sich wohl, die Polizei käme und würde dem elenden „Spiel“ ein Ende bereiten, wie das im Fernsehen schon oft gezeigt wurde, aber an diesem Tag tat sich nichts.

Der dritte Propagandist warb für ein Sauerstoffgerät. Er redete nun knapp drei Stunden auf die ermüdeten Rentner ein. Der Preis für das Gerät: Statt 1.298 Euro plus Sauerstoffgranulat für 400 Euro an diesem Tag mit Optionsschein für den Kauf ab Werk nur 798 Euro plus Kochtopf-Set für angeblich 600 Euro als Geschenk dazu. Und wieder wurde gekauft.

Danach waren die Rubbellose mit Gewinnchance auf 3.000 Euro schon fast uninteressant. Gewonnen hatte eh niemand. Dann endete das Spektakel von eigentlich drei Verkaufsveranstaltungen an einem Tag ohne Pause endlich nach rund neun Stunden. Tolles Essen, eine wunderschöne Rhein- und Mosel Dampferfahrt? Weinprobe, Stadtrundfahrt und Stadtbesichtigung? Wer das glaubt wird selig! Alles leere Versprechungen, denn nur alleine das Geschäft der drei „Sponsoren“, die an diesem Tag dicke Kasse machten, stand wie immer im Vordergrund. Das Essen war eher Unterdurchschnitt. Die Dampferfahrt fand erst zwischen 19 und 20 Uhr statt und die edlen Lebensmittel waren billige Discounter Ware. Alles andere fiel aus Zeitmangel eh in die Mosel. Ankunft in Wuppertal: 22.30 Uhr!

Geändert hat sich nichts. Doch die Sponsoren lernen dazu. Wer beim Rubbel-Los nichts gewinnt hat Pech, eine Klage ist sinnlos. Trotzdem konnte man an diesem Tag aber locker 2.500 Euro los werden.

So lange sich gut betuchte Rentner aus Abenteuerlust oder Langeweile auf Nepp-Tour begeben, haben solche Verkäufer leichtes Spiel. Und wer glaubt, Ehrlichkeitsversprechen von Veranstaltern nach der vielen, öffentlichen Kritik und riesiger Aufregung heute endlich vertrauen zu können, der irrt. Auch diese Fahrt hat wieder gezeigt: Man sollte solche Werbeschreiben grundsätzlich vorher genau mit der Lupe lesen, oder lieber gleich ungeöffnet in den Papierkorb werfen.

Inzwischen findet man in Internet unter "Verbraucherzentrale Hamburg e.V." 102 Seiten, auf denen vor unseriösen Schnäppchentouren, Busreisen, Gewinnspielen o.ä. mit vollständigem Namen und Adressen der Veranstalter gewarnt wird. Auch Bärbel Sommer aus Oldenburg, welche für die erwähnte Reise warb, ist dabei!

 

 

Billige Geschenke nach einer viel zu langen Nepptour

 

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